Besuch beim SPIEGEL:

„Sagen, was ist.“

BildLernen, in SPIEGEL-Dimensionen zu denken: Das fängt schon damit an, das gewaltige Gebäude an der Hamburger Ericusspitze auf sich wirken zu lassen. Glasaufzüge rasen durch die 13 Etagen des Journalismus-Tempels, freischwebende Treppen kreuzen das Atrium. „Sagen, was ist.“, steht in silbernen Buchstaben an der Wand. Drei Worte von SPIEGEL-Vater Rudolf Augstein, die das Credo des Nachrichtenmagazins zusammenfassen sollen.

Insider-Informationen, investigative Recherche, Skandale auf der Weltbühne – Alltagsgeschäft beim SPIEGEL, sagt Redakteur Martin U. Müller. Er erklärte den Stuttgarter Macromedia-Studenten in Begleitung von Prof. Dr. Florian Stadel, wie Journalisten beim SPIEGEL arbeiten. Auf die besondere Perspektive und auf die Glaubhaftigkeit komme es an, so Müller. Anders sein als die einen, mehr wissen als die anderen. 100 Journalisten, die jedes einzelne Wort ihrer Kollegen auf Korrektheit überprüfen, eine Rechtsabteilung, die rund um die Uhr da ist. Andere Dimensionen.

Man könnte den SPIEGEL als eine Institution bezeichnen. Seit Jahrzehnten als Leitmedium betitelt, als Verfechter der Pressefreiheit bekannt, als Themenmacher berüchtigt. Müller sprach von „elitärem Journalismus“. Aus seinem Mund klang das nicht nach Größenwahn, sondern nach einem Privileg.

Man könnte das Magazin aber auch leicht angestaubt nennen. Denn der SPIEGEL sitzt nicht im Elfenbeinturm, wenngleich die Architektur des Hauses beeindruckend ist. Die Auflagen des gedruckten Magazins sinken, so wie bei anderen Zeitungen und Zeitschriften auch. Die Leserschaft werde auch nicht jünger. Spiegel Online und Bento sollen sie locken. Aber wie lohnt sich das?

Die Perspektiven, das Anderssein, all das dürfe seinen Stellenwert laut Müller im 21. Jahrhundert nicht verlieren. Neue Herausforderungen, neue Dimensionen. Aber so lange der SPIEGEL nicht nur sagt, sondern auch begreift, was ist, schafft er das.

(Natalie Diedrichs | Journalistik-Studentin im 5. Semester)

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